Richard West (keyboards)
Pete Morten (guitars)
Damian Wilson (lead vocals)
Steve Anderson (bass)
Johanne James (drums)
Karl Groom (guitars)
Threshold in Rheine – fast wie im Wohnzimmer. Nur lauter!
Das erst seit kurzem bestehende Hypothalamus ist ein unglaublich charmanter kleiner Club. Eine Mischung aus Lounge und Bühne. Und er war ausverkauft. Zum dritten Mal traten Threshold hier auf. Die Atmosphäre war sehr intim und locker- wird wohl auch daran liegen, dass die Jungs wirklich entspannte Menschen sind. Die englische progressive Band sollten ihr aktuelles Album „For the Jouney“ erstmals komplett spielen.
Punkt 18:30 empfing mich der Clubbesitzer und brachte Richard West (Keyboard und Songschreiber) und mich in den gemütlichen Backstage Raum. Die sinngemäße Übersetzung unseres Gesprächs habe ich hier für euch notiert.
60min: Warum habt ihr euch das Hypothalamus ausgesucht um hier zu spielen? Verbindet ihr besondere Momente damit?
Richard: Dafür gibt es gar keinen bestimmten Grund. Wir lieben diese Location. Alles ist so schön hier, wie in einem fünf Sterne Hotel. Sehr sauber und mit tollem Catering und Backstage Raum. Außerdem machen wir keine Tour, sondern nur ein paar Festivals im Sommer.
60min: Ich habe gelesen, dass ihr, seitdem ihr „Oceanbound“ auf dem Hardrock Festival gespielt habt und es während des Songs anfing zu regnen, dieses Lied nicht mehr auf Outdoor Veranstaltungen spielt. Ist da was dran?
Richard: Nein, das stimmt nicht. Es stimmt aber, dass während des Chorus „let the sky become an ocean“ der schlimmste Regen den wir jemals gesehen haben runter kam. Ich stand mit dem Keyboard sehr nah am Rand der Bühne und dachte mir nur „Wir haben hier Elektrizität, das kann nicht sicher sein!“. Es war aber unglaublich. Der Himmel wurde plötzlich richtig dunkel mitten am Tag und ein Sturm zog herauf. Es fühlte sich an wie mitten in einem 90er Jahre Video.
60min: Glaubt ihr denn an übernatürliche Dinge?
Richard: Nein, es war ja sogar ein Unwetter angekündigt. Aber auf jeden Fall ist es eine gute Story!
60min: Ja, das dachte ich auch- aber es steht auf der deutschen Wikipedia Seite und da ist es immer interessant, mal nachzufragen was daran stimmt. Einige eurer Texte gehen ja um Schicksal und ähnliche Dinge…
Richard: Ja ein wenig. Vor allem in „The Mystery Show“ stellen wir viele Fragen über Religion und Wissenschaft und was daran wahr ist. Jeder hat da seine eigene Agenda mit Ideen. Die Kirche, Die Wissenschaft. Aber keiner scheint sich daran zu machen, die wirkliche Wirklichkeit, das Echte herauszufinden.
60min: In eurem allerersten Album ging es um Umweltverschmutzung. Verbindet ihr mit eurem musikalischem Engagement auch ehrenamtliche Arbeit? Spendet ihr oder unterstützt ihr auf sonstige Weise Vereine?
Richard: Nein, das können wir uns nicht leisten. Die Musikindustrie lässt den Künstlern jedes Jahr weniger Geld.
60min: Ich habe bei Konzerten schon gesehen, dass z.B. Sea Shepard einen Stand aufgebaut hatte. Das war dann die Art der Band, deren Arbeit zu unterstützen. Man muss also nicht zwangsweise selber investieren.
Richard: Darüber haben wir noch nie nachgedacht. Was für eine gute Idee, danke.
60min: Seht ihr euch selber als Musiker oder als Künstler oder verbindet sich das sowieso?
Richard: Ein wenig von beidem. Natürlich ist das Schreiben von Texten und Melodien auch Kunst. Das ist gerade beim Progressive Metal auch das schöne. Du kannst von allen Richtungen etwas nehmen und daraus etwas Eigenes machen. Niemand verurteilt dich oder schreibt dir vor, dass ein Lied nur 3 Minuten dauern darf. Niemand sagt, wie man singen muss. Das mag ich so gerne an dem Genre. Auch wenn es für kommerziellen Erfolg nicht das Beste ist weil es so klein ist. Aber wir können alles ausprobieren.
60min: Vor allem ist Progressiv „einfach“ zu hören für jeden, der Metal mag.
Richard: Ja, das stimmt auch. Wir konzentrieren uns hauptsächlich auf starke Melodien. Das Lied kommt immer zuerst. Wir arbeiten gerne mal mit komplexeren Solos. Das verbindet Leute sehr schnell mit der Musik.
60min: Man kann als Zuhörer auch einfacher mitsingen. Das mag ich. Es geht ins Ohr und bleibt da. Aber ist es für euch nicht auch ein Druck das nächste Album zu produzieren, nachdem eure letzten von der Fachpresse so gelobt wurden und Preise bekamen? Besteht die Angst, zu versagen irgendwo im Hinterkopf?
Richard: Als wir jünger waren, Ja. Da war Druck da. Aber wir sind älter geworden und haben eine ganz bestimmte Art zu schreiben. Da macht man sich nicht mehr die Sorgen, dass man morgen plötzlich eine Blockade hat. Es sind ja schon 20 Jahre mittlerweile. Der Druck über sich hinaus zu wachsen und etwas Neues zu machen ist sicher noch da. Neue Wege zu finden und innovativ zu sein.
60min: Ist es da einfacher, dass ihr Konzeptalben zu bestimmten Themen macht?
Richard: Das kann bei den Texten helfen, kann aber auch eine Bürde sein. Dann hat man manchmal fünf Lieder geschrieben zu einem Thema und muss noch weitere schreiben. Aber wir versuchen uns da keinen Druck zu machen. Im letzten Album ging es darum, mal mehr in sich selber zu schauen. Es geht um Vergeben und Vergessen und all solche internen Dinge. Als wir noch jünger waren, schrieben wir Alben bei denen wir als „angry young man“ mit dem Finger auf andere zeigten und herausschrieben, was alles schlecht ist um uns herum. Jetzt, wo wir älter geworden sind, zeigen wir mit dem Finger auf uns selber und schauen, was bei uns selber falsch läuft.
60min: So wie „Man in the Mirror“ von Michael Jackson?
Richard: Ja, so in der Art.
60min: Könnt ihr mir schon etwas aus euren Köpfen verraten, was die nächsten Projekte angeht?
Richard: Momentan feiern wir erst einmal unser aktuelles Album. Ein neues kommt aber bestimmt und einige von uns sammeln schon fleißig Ideen dafür.
60min: Habt ihr eigentlich irgendwelche Rituale, bevor ihr auf die Bühne geht oder wenn ihr auf Tour seid?
Richard: Ja, wir hoffen immer, dass nichts schief läuft. Wir sind so abhängig von unseren Computern und der ganzen Technik. Da beten wir, dass nichts kaputt geht und alle Kabel vernünftig drin sind. Wir wollen ja ein vernünftiges Konzert bieten.
60min: So, das waren auch schon alle Fragen, die ich notiert habe- gibt es denn etwas, das ihr noch loswerden wollt? Sozusagen der Zeitpunkt für die großen Messages.
Richard: Es kommen neue Dinge auf euch zu, dafür am Besten mal auf unsere Homepage schauen!
60min: Vielleicht an junge Musiker da draußen?
Richard: Glaubt an das, was ihr tut. Die Zeiten werden härter, aber vor allem müsst ihr Spaß an dem haben was ihr macht! Nehmt es als Hobby und habt Spaß. Wenn es Geld einbringt- großartig! Wenn nicht, dann erfreut euch daran. Denn darum geht es bei der Musik: sich daran zu freuen, es zu fühlen. Das Geld kommt mittlerweile von so vielen verschiedenen Dingen. Es sind nicht nur Tickets, sondern Merchandise und CDs. Auch wir arbeiten in anderen Jobs, um uns zu finanzieren. Wir haben Glück, wir verkaufen noch mehr Alben als einige andere Kollegen. Aber wenn Apple jetzt mit seinem neuen Musikprogramm herauskommt, wird es wieder härter. Wieder kann man umsonst an Musik rankommen. Wohin das noch führt, kann man schwer sagen.
60min: Kennst du das Buch „The Art of Asking“ von Amanda Palmer? Sie ist die Frontfrau der Dresden Dolls und hat auch mal als Künstlerin auf der Straße gearbeitet. Sie schläft auf Touren bei ihren Fans auf der Couch und „verkauft“ CDs nicht nach Festpreis sondern danach, was sie den Fans wert sind. Spenden sozusagen. Mittlerweile machen das auch schon einige Autoren und verdienen damit mehr Geld als vorher. Sicher kann man deren Bücher dann auch umsonst herunterladen, aber die meisten Menschen zeigen ihre Wertschätzung gerne. Ich mag das Konzept ja und anscheinend muss man neue Möglichkeiten zur Finanzierung von Kunst auftun.
Richard: Ja, ist natürlich schwierig. Zum CD Laden zu gehen und zu sagen „Ich habe nicht genug Geld“, das wird ja nicht gehen. Aber wenn es bei ihnen funktioniert- großartig. Ich fände das etwas unsicher und schwierig. Aber interessant auf jeden Fall! In der Geschichte der Musik wurde Musik von reichen Leuten gemacht oder von denen, die Gönner haben. Das ist auch vorbei und viele Bands werden wahrscheinlich verschwinden. Ziemlich furchtbar, dieser Gedanke.
60min: Allerdings, ja. Dann aber ganz lieben Dank für deine Zeit und gleich eine tolle Show. Ihr seid ja ausverkauft!