Kempfenstein für Rocktimes.de: Julian Sas im Interview

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Rocktimes: In einschlägigen Print- und Online-Magazinen, TV- oder Radiosendungen, wird dem Fan von einem nahezu perfekten, autodidaktischen Gitarristen Julian Sas berichtet. Vom Privatmann Sas bekommt man eher wenig mit. Was wäre aus Dir geworden, wenn Du Dich nicht der Musik hingegeben hättest? Wie würdest Du Dich charakterlich selbst einschätzen?
Julian: Ich wäre mit großer Wahrscheinlichkeit Lehrer geworden, denn ich habe an der Universität studiert. Doch wie das Leben so spielt, bekam ich in den letzten Semestern einen Plattenvertrag angeboten, den ich letztlich unterschrieb. Du kannst Dir sicherlich vorstellen, dass das mein Leben fortan total veränderte. Ich nahm die Gelegenheit beim Schopf, schaute nicht nach hinten, nur noch nach vorn! Eine Entscheidung die ich nie bereut habe! Geblieben ist noch meine Vorliebe an Geschichte, daher lese ich sehr viel Bücher und schaue mir gern Dokumentationsfilme an. Wenn Du so willst, ein Hobby von mir.
Hmm… mein Charakter? Ich möchte mich mal so beschreiben: Ich bin ein sehr unruhiger Mensch, möchte alles an einem Tag schaffen, schlafe recht wenig und ständig schwirrt Musik in meinem Kopf umher! Ich habe Schwierigkeiten mich zu konzentrieren, wenn ich nicht irgendwas mit Musik zu tun habe (er muss lachen und fügt gleich an:) Ich bin sehr positiv eingestellt und besitze eine Menge Humor. Auf der anderen Seite kann ich sehr leise sein, genau beobachten und für mich auswerten. Wenn mich einer nach meiner Meinung fragt, dann bekommt er von mir eine wahrheitsgemäße Antwort. Ich bin ein Mann der die Wahrheit liebt, damit werden vielleicht einige nicht klarkommen, doch das Problem liegt dann nicht bei mir! Sicher, ich muss damit nicht immer richtig liegen, doch wenn man mich nach einer ehrlichen Meinung fragt, dann bekommt man sie auch! Ich fühle mich gut dabei, wenn ich nicht um den heißen Brei herumrede, sondern gleich auf den Punkt komme. Aber wie gesagt, nicht jeder kommt damit klar. Verstehst Du, was ich damit sagen will?
Rocktimes: Aha, damit konnte ich Dir schon mal ein Hobby entlocken und finde es toll, dass Du ein wahrheitsliebender Mensch bist! Ein Leben in Holland. Ich stell mir gerade vor, wie Du in den typischen holländischen Clogs deine Tulpenfelder begehst und anschließend Käse aus Deiner Käserei für den Frühstückstisch erntest. Im Ernst: Wie lebt es sich in den Niederlanden?
Julian: Aber Mike, nichts von dem was Du eben angedeutet hast, trifft auf mich zu. Ich habe weder was mit Tulpenfeldern, Käse oder dem typischen Oranje-Gefühl zu tun. Amsterdam oder Den Haag liegen weit weg von meiner Familie und wir leben ca. 40 Kilometer von der Deutschen Grenze entfernt in einem kleinen Dorf! „I Am A Country Boy“ hat einmal Muddy Waters gesungen und genauso lebe ich. Mein Leben verläuft hier sehr ruhig, fast gemütlich. In der unmittelbaren Nachbarschaft leben sehr viele Musiker und Du kannst Dir sicherlich vorstellen, dass hier oftmals gejammt wird! Das sind die Momente die mein Leben, neben meiner Familie, mit tollen Erlebnissen ausfüllen.
Holland selbst hat sich verändert, musikalisch hört sich fast alles gleich an, im Fernsehen sieht man immer dieselben Gesichter in verschiedenen Talk-Shows. Und wenn ich mir politische Sendungen anschaue, komme ich mir vor wie in einer Comedy-Serie! Von Seriosität nichts zu spüren. Aber bei Dir in Deutschland läuft wohl der gleiche Käse, oder?
Rocktimes: Apropos Tour: Wie sieht es da für 2011 aus? Du weißt ja, dass unser Leser Thomas Dich gern wieder mehr im Norddeutschen Raum sehen möchte. Und vergiss bitte Berlin nicht! Dann könnten wir uns vorab bei Viktor in seiner „60 Minuten in Berlin“-Sendung treffen, eine Tasse Kaffee trinken und Du uns und den Radiohörern ein paar Unplugged-Song vorspielen – (kichert).
Julian: Ich bin gerade in der Planung und weiß noch nicht wo und wann ich spielen werde. Im Prinzip bräuchte ich eine Agentur, die für mich eine Deutschland-Tour organisiert. Ich versuche baldmöglichst fündig zu werden, aber alles braucht seine Zeit. Für 2011 habe ich die Zusage, dass ich am 26. November in Bonn gastiere und falls Berlin dazu kommt, finde ich Deinen Vorschlag, bei einer Tasse Kaffee in Viktors Sendung den Fans ein paar Songs unplugged vorzuspielen, richtig klasse! Bestell ihm einen schönen Gruß und wie gesagt, ich würde mich freuen wenn es klappt. Auf Bonn freue ich mich jedenfalls riesig, das ist eine tolle Sache und ich denke, nach dem Konzert werde ich bleibende Eindrücke bei den Fans hinterlassen. Das ist wichtig, damit mich die deutschen Anhänger nicht vergessen (dabei schmunzelt er).
Rocktimes: Ich habe Deine DVDs mehrmals begutachtet, außerdem einige CDs von Dir rauf und runter gehört und Dich voriges Jahr zuletzt live im Quasimodo bestaunt. Ich glaube mich erinnern zu können, dass Du gern nur im Trio auftrittst, obwohl Du auch schon einen Keyboarder an Deiner Seite hattest. Woran liegt der Vorteil eines Trios?
Julian: Zurzeit bin ich gerade mit einem Keyboarder im Studio um einige Songs einzuspielen. Meine Liebe zu einem Trio kann ich damit begründen, dass meine favorisierten Bands, wie Hendrix, Taste, Gallagher alle in einer Drei-Mann-Combo spielten. Man hat als Gitarrist die große Freiheit zu improvisieren, wie ein Jazzmusiker. Ich liebe zum Beispiel John Coltrane, der in einer kleinen Jazz-Combo spielt und ständig unvorhersehbare Dinge einbaut, so dass Du nie das ein und dasselbe Konzert erleben wirst.
Ich denke, ich bin im positiven Sinne ein verrückter Gitarrist. Meine Band weiß das und kann damit sehr gut umgehen, wenn mich oftmals das Gefühl übermannt vom Ursprung eines Songs abzuweichen, einfach drauflos zu jammen ohne zu wissen wo und wann der Song letztlich endet. Mit meiner Band bin ich da so eingespielt, dass es für sie kein Problem ist, auf meine spontanen musikalischen Ideen einzugehen. Mit meinem letzten Keyboarder war es bei manchem Gig nicht so einfach, da er sich nur schwer auf meine Improvisationen einstellen konnte. Mit meinem jetzigen Piano-Begleiter gibt es keine Probleme, er kann sich auf mein musikalisches Verständnis gut einstellen. Auch wenn ich ein Trio bevorzuge, kann ich nicht vorhersagen, ob ich künftig im Quartett auftreten werde. Mein derzeitiger Keyboarder bringt jedenfalls alle Voraussetzungen mit, auch als Vierer aufzutreten. Meine Musik wird wissen was die Zukunft bringt. Lasst Euch überraschen!



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