Ist es Zufall? Ist es das Gespür? Oder sind es „nur“ die Leute mit denen ich zusammen arbeiten darf und die „einfach“ genauso empfinden wie ich? Ich habe das Glück, immer wieder neue, faszinierende Künstler kennen zu lernen, mit ihnen reden und den Menschen dahinter entdecken zu dürfen. Ein ganz besonderer Glücksfall ist Joshua Radin. Er ist ein ruhiger und zurückhaltender Mensch, wirkt sanft und „nett“, besitzt ein unglaubliches Charisma, einen messerscharfen Verstand, eine Gesangsstimme bei der mich sofort eine Gänsehaut überfällt.
Aus einer absolut professionell aber doch etwas gelangweilten Haltung…schon wieder ein Interview … wurde ein philosophisches Gespräch. Joshua wird immer wieder nach seinen Vorbildern gefragt, mit Simon&Garfunkel oder Bob Dylan verglichen, so dass seine Antworten mittlerweile zur reinen Routine geworden sind. Fängt er aber von sich aus an, über Bob Dylan zu erzählen, sprüht er vor Freude und Begeisterung, seine Aura füllt den Raum. Joshua Radin kennen hierzulande noch wenige, seine Musik haben jedoch die meisten von uns schon mal gehört, irgendwo, im Fernsehen, bei Dr. House, The Closer, Scrubs, oder, oder, oder.
Ich wäre so gerne zu seinem Konzert gegangen, aber ein anderes Konzert, ein anderes Gespräch, ein anderer Job ließen es nicht zu. Anbei noch schnell die offizielle Biografie, zur Verfügung gestellet von Maren Kumpe, Music Matters. Auch diese Biografie ist irgendwie anders, schön zu lesen, ein Erlebnis:
JOSHUA RADIN veröffentlicht das lang erwartete vierte Album
Singer-Songwriter Joshua Radin stammt aus Shaker Heights, Ohio und legt mit Underwater bereits sein viertes Studioalbum vor. Der Spezialist für Authentizität und Schlichtheit hatte 2008 mit Simple Times sein bislang erfolgreichtes Album vorgelegt. Zwei Song wurden Hits: „I’d Rather Be With You“ erreichte in 10 Ländern die Top 10 und „Paperweight“ aus dem Film Dear John verkaufte sich über 100.000mal. Joshuas Radins Musik ist bekannter als sein Name, was daran liegen mag, dass seine Songs in beinahe 100 TV-Folgen zu hören war – u.a. in 90210, House, Scrubs, Bones und Grey’s Anatomy. Das neue Album wartet mit einem Dream Team an Musikern auf: an den Keyboards Benmont Tench (Tom Petty & The Heartbreakers), an den Drums Jim Keltner (Bob Dylan, John Lennon) und als Streicherarrangeur Jimmie Haskell (Simon & Garfunkel).
Seit seiner Kindheit wurde Joshua Radin davor gewarnt, mit seinem Kopf unter Wasser zu gehen, da er seit frühester Kindheit ein punktiertes Trommelfell hatte. Unter Wasser würde er bohrende Schmerzen erleiden. „Ich sagte mir, na gut, dann lebe ich eben an Land,“ erklärt Joshua dazu. Doch letztes Jahr änderte sich dies. Er schrieb gerade an seinem neuen Album in absoluter Abgeschiedenheit in Los Angeles, im krassen Gegensatz zu den verrückten zwei Jahren auf Tour zuvor. Eines Tages wachte er auf und wurde den Gedanken nicht los, was für eine Inspirationsquelle der Pazifik doch sein müsse. Also kaufte er sich Ohrstöpsel und tauchte (zum ersten Mal in seinem Leben) ins Wasser. „Es war überwältigend kühl,“ erinnert er sich. „Selbst wenn ich im Bett liege und schlafe, kann ich mein Herz schlagen hören. Ich konnte mir niemals diese Stille vorstellen, die man unter Wasser erleben kann. Mein Gehirn war wie befreit und produzierte Melodien – und so fing die eigentliche Arbeit am Album an – unter Wasser.“
Das Thema Hoffnung zieht sich durch Songs wie das zarte „Anywhere Your Love Goes“ oder das sanfte, gemäch-liche „Let It Go“ (über einen Trip entlang der Westküste mit dem Cabrio seines Freundes). Underwater ist ein reiferes Album von Radin, das mit großartigen Gastmusikern wie Benmont Tench, Jim Keltner und Jimmie Haskell aufwartet. Der Sänger hat sich in den letzten Jahren eine loyale Gefolgschaft erspielt, die seine wehmütigen Songs schätzt. Vor allem die Songs „Streetlight“ aus dem 2010er Album The Rock and the Tide (in Deutschland erst 2011 veröffentlicht), das verhuschte, einfache „Winter“ vom 2006er Debütalbum We Were Here und das bereits erwähnte melodische „I’d Rather Be With You“ vom 2008er Album Simple Times (hierzulande erst 2010 bei Warner erschienen). Das letztgenannte Album verkaufte weltweit mehr als 300.000 Exemplare. 2008 bat ihn die TV-Moderatorin Ellen DeGeneres, auf ihrer Hochzeit mit Portia de Rossi zu spielen. Joshua erinnert sich: „Ich spielte sechs meiner Songs. Ellen und Portia saßen gerührt in der ersten Reihe, weinten ein bisschen und sahen sich an, während sie mir zuhörten. Mir selbst kamen ebenfalls ein bisschen die Tränen – was mir noch nie passiert ist.“
Liveauftritte gehören inzwischen zu Radins Lebenselixier. Dabei hatte alles ganz anders angefangen. Nach Phasen als Drehbuchautor in New York und als Kunstlehrer in Chicago zog er nach Südkalifornien, um sich als Musiker zu versuchen. Warum auch nicht? „Eigentlich hatte ich den Kindern nicht zeichnen beigebracht, sondern eine Perspektive der Welt – auf etwas zu schauen und nicht sofort überwältigt zu werden. Und genau so schaue ich auch auf das Leben,“ sagt Radin. „Ich wollte, dass ich jeden Tag aufstehe und etwas Kreatives mache, mich mit Kopf und Herz ausdrücke und so mit der Welt verbunden bin. Mit der Musik habe ich viel später als die meisten meiner Generation angefangen, aber meiner Meinung nach ist es nichts jemals zu spät.“
Als Joshuas Vater ihm eine Gitarre zum Geburtstag schenkte, brachte er sich selbst die C, D und G Akkorde bei. Das nächste Upgrade führte ihn zu Bob Dylan, Nick Drake und Elliott Smith. Kurz darauf, es war 2004, schrieb er seinen ersten Song „Winter“ über die zerbrochene Beziehung zu seiner damaligen langjährigen Freundin. Der Song gefiel seinem alten Collegefreund und Schauspieler Zach Braff so gut, dass er den Song seinem Produzen-ten gab. Drei Wochen später konnte man Joshua Radins Song in der Serie Scrubs hören. Die Begeisterungswelle, die durch die Serie ausgelöst wurde, war so gewaltig, dass die NBC Website zeitweilig zusammenbrach. So bescherte ihm Scrubs seine Basisgefolgschaft, die seitdem seine Songs im Internet postet.
„Ich bin inzwischen ganz routiniert als Liveperformer,“ erinnert sich Radin. „Anfangs war ich aber total nervös. Ich hatte keine Ahnung, wie ich im Stehen Gitarre spielen sollte und musste auf einem Stuhl sitzen. Meine Augen hielt ich die ganze Zeit geschlossen. Ich hatte eine Karriere im Rampenlicht überhaupt nicht angestrebt, es hat mich nie auf die Bühne gezogen. Als ich mit dem Musikschreiben anfing, war das nur ein Hobby und plötzlich wurde ich völlig unvorbereitet in diese Welt geworfen. Ich habe es nach und nach gelernt, und jetzt, sieben Jahre und vier Alben später, betrachte ich die Bühne als mein Zuhause.“
Underwater fängt das Gefühl der aufkommenden Ängste ein, zeugt aber auch von Radins Liebe zur Bühne. Ein Großteil des Albums wurde von Joshua Radin und Kevin Augunas (John Brion, Edward Sharpe & The Magnetic Zeros) produziert und in der Studio City aufgenommen, dort wo einst die Sessions zu Tom Pettys Damn The Torpedos und Neil Youngs After The Gold Rush stattgefunden hatten. Analoge Aufnahmen in Einzeltracks sor-gen für ein organische Atmosphäre. „Wenn man auf Band aufnimmt ist es so, als ob man live einspielt. Deshalb hat das Album dieses besondere Feeling,“ so Radin.
Obendrein wurden die großartigen Musiker Tench, Keltner und Haskell engagiert. Vor allem Haskell, der einst die Streicher für Bridge Over Troubled Water komponiert hat, leistet Überragendes z.B. für den Song „Any Day Now“, mit dem das Album schließt. „Ich schrieb den Song für Gitarre und am Ende haben wir die Gitarre rausgenommen,“ sagt Radin. „Roger Joseph Manning Jr. (Fiona Apple, Beck) kam herein und spielte ein bisschen Andromeda (ein elektronisches Cembalo) ein, dann ein bisschen Wurlitzer. Dann kam Jimmie und arrangierte die Streicher drumherum. Es wirkt so filmisch dadurch. Der Songanfang erinnert mich an eine Kamerafahrt wie in einen alten Film aus den 50er Jahren.“